„Leerstunde“ für Demokratie

Veröffentlicht von BGRE am

Eine satirische Betrachtung der letzten Stadtratssitzung

Seit der Stadtratssitzung am 23. März 2010 wissen wir nun alle, wie das ist mit der Demokratie. Ein Demokrat muss wie folgt sein: sendungsbewusst, kritikresistent und kommunikationsfern. Sachliche Argumente sind für die Demokratie entbehrlich – es reichen gut aufbereitete Stammtischparolen. Darüber muss keiner lange nachdenken. Die passen.

Klar ist, dass natürlich nur die anderen alles falsch machen und alle anderen nicht richtige oder gar keine Demokraten sind. Damit ist ein wichtiges Thema in punkto Demokratie angesprochen: das Feindbild. Das Feindbild muss passen. Natürlich sind alle, die kritisch oder eben anders sind, Feinde. Aber das wäre wohl zu allgemein. Auf jeden Fall alle Linken. Das passt. Und damit das einfacher zu handhaben ist, werden alle, die nicht passen, zu Linken erklärt und schon passt es wieder. Natürlich braucht ein richtiger Demokrat auch ein religiöses Feindbild. Das mit den Juden passt im Moment nicht so gut. Aber nach den eigenen germanisch-preußisch-deutschen Traditionen (den einschlägigen Internetportalen zufolge) muss da eins her. Also nimmt man die Moslems, den Islam. Da passen dann auch alle Ausländer im Ganzen rein. Und schon haben wir: „die grüne Pest“ (so bezeichnet ein Internetportal aus dem Pro-Umfeld den Islam). Dazu käme dann noch die rote Pest (alle Linken). Ein passendes Feindbild. Die Pest muss beseitigt, ausgerottet, vertilgt und bekämpft werden, denn sie bedroht die gesunde Volksgemeinschaft. Einige unbelehrbare „Gutmenschen“ wenden immer wieder ein: das ist ja wie Pogromhetze, das ist ja wie bei den Nazis! Denen sei gesagt: Demokratie ist nichts für Weicheier, denn wo gehobelt wird, da fallen Späne. Außerdem müssen alle „Gutmenschen“ aufpassen, dass sie nicht zu den Pestbazillen gerechnet werden.

Auch durften alle Anwesenden in der Stadthalle lernen, dass gutes Benehmen bestenfalls ein probates Mittel ist, um Geld und ähnliches zu beschaffen. In der Auseinandersetzung der aufrechten Demokraten mit den anderen, den Feinden kann darauf durchaus verzichtet werden. Schlechtes Benehmen stört ja wohl doch bestenfalls ein paar Spießer. Und so war der Auszug der aufrechten Demokraten bei laufenden Redebeiträgen, samt der mitgeführten Überwachungskamera, ein durchaus kämpferischer Akt.
Um die ganze Sache abzurunden, fehlte eigentlich nur noch die Parteizeitung. Und siehe da, es gibt sie: die Parteizeitung . Nun ist alles perfekt! Es lebe die Demokratie.

Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man stundenlang darüber lachen. Eine wahre Leerstunde der Demokratie !

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